Letzte Woche hatte ich mal wieder einen Arzttermin. Dieses Mal beim HNO, zum Hörtest. Eigentlich nichts Weltbewegendes, dachte ich. Ein bisschen Wartezimmer, ein bisschen Piepen und Brummen in den Ohren, und dann geht’s wieder nach Hause. Tja, von wegen.
Schon das Wartezimmer war ein Erlebnis für sich. Neben mir saß ein kleiner Junge, der seiner Mutter lauthals erklärte, warum er niemals Karotten essen würde. „Die sind orange und orange ist eine doofe Farbe“, sagte er voller Überzeugung. Am Empfangsthresen eine ältere Dame, die sich mit der Arzthelferin darüber stritt, wer denn nun wirklich als Nächste dran sei. Und mittendrin ich, mit meinem Buch auf dem Schoß, versuchte halb verzweifelt und halb amüsiert, die Szene einfach nur auszuhalten.
Irgendwann war ich dann endlich dran. Kopfhörer auf, Blick durch die Glasscheibe zur Arzthelferin, und der Test begann. Du kennst das sicher: Man soll auf einen Knopf drücken, sobald man das Geräusch hört. Klingt simpel.
Doch schon nach ein paar Minuten schaute mich die Arzthelferin irritiert an. „Sie haben die ganz tiefen Töne gar nicht gedrückt“, sagte sie und runzelte die Stirn. Ich grinste und meinte: „Das kann sein, tiefe Töne höre ich so gut wie gar nicht, dafür aber Hundepfeifen. Die angeblich unhörbaren Marderabschrecker höre ich auch. Ist verdammt unangenehm.“ Sie nickte unsicher, stellte etwas an ihrem Gerät ein und versuchte es erneut. Wieder keine Reaktion von mir bei den tiefen Frequenzen. Dafür habe ich jedes noch so hohe, fast schon schneidende Geräusch sofort gehört und den Knopf gedrückt.
„Das ist… außergewöhnlich“, meinte sie schließlich, ein bisschen ratlos. Sie hatte wohl damit gerechnet, dass man im Alter eher die hohen Töne schlechter hört, nicht die tiefen. Aber offenbar bin ich in dieser Hinsicht ein kleiner Sonderfall.
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Während andere den tiefen, satten Bass genießen, registriere ich sofort die schrillen hohen Frequenzen – auch wenn sie oft eher nervig als schön sind. Vielleicht ist das auch der Grund, warum mir in Alltagssituationen so manches Geräusch viel deutlicher auffällt als anderen.
Am Ende war der Hörtest geschafft, die Arzthelferin allerdings deutlich erschöpfter als ich. Ich verließ die Praxis mit einem kleinen Schmunzeln und der Erkenntnis: Arztbesuche können manchmal fast so unterhaltsam sein wie ein Theaterstück. Man muss nur genau hinhören – egal auf welcher Frequenz.